31.10.2019 um 19:00
We are Ocean @ Bodenproben
Kurzfilmprogramm und Gespräch
31.10.19, 19.00 Uhr, Eintritt frei.
Mit Diskussionsbeiträgen von:
Armin Linke, Künstler, Berlin
Lisa Rave, Künstlerin und Filmregisseurin von „WE ARE OCEAN“, Berlin
Uwe Gössel, Künstlerischer Leiter von „Bodenproben Berlin“
Torsten Thiele, Tiefsee-Wissenschaftler vom Institut für Transformative Nachhaltigkeitsforschung Potsdam (IASS)
Sowie mit Filmen und Filmauszügen von:
Lisa Rave („Europium“, 2019).
WE ARE OCEAN Auswahl:
Ursula Biemann („Subatlantic“, 2015),
Forensic Oceanography („Liquid Traces (Excerpt)“, 2014)
Susanne M. Winterling („Glistening Troubles (Excerpt)“, 2017)
Moderiert von Anne-Marie Melster (Direktorin ARTPORT_making waves) und Dr. Sven Sappelt (Direktor CLB).
Wie können wir von Berlin aus unsere Ozeane schützen, die den Globus umspannen und eine zentrale Rolle im Klimasystem der Erde haben – fragt das Projekt WE ARE OCEAN der Organisation ARTPORT_making waves. Wie lässt sich der Boden in seiner geologischen, ökologischen und ideologischen Vielschichtigkeit erfassen und welche Bedeutung hat dieses Wissen um den Boden für unsere Zukunft – fragt das Projekt Bodenproben Berlin des Ausstellungsraums CLB Berlin. Die Veranstaltung WE ARE OCEAN @ BODENPROBEN BERLIN vereint diese beiden Fragestellungen mit der thematischen Klammer des Tiefseebergbaus und in einer Zusammenarbeit der beiden Initiativen.
ZUR „WE ARE OCEAN“ FILMPRODUKTION:
ZUM „WE ARE OCEAN“ KURZFILMPROGRAMM:
ARTPORT_making waves haben ein Kurzfilmprogramm bestehend aus acht Filmen und Videos von international renommierten Künstler*innen kuratiert. Für das CLB wurde daraus eine Auswahl kurzer künstlerischer Filme bzw. Filmauszüge getroffen, welche drei internationale Positionen umfasst, die sich auf verschiedene Weisen mit dem komplexen Verhältnis von Meer und Mensch befassen. Sie spannen ein thematisches Spektrum auf, das mit einer konzentrierten Kartographie der „flüssigen Spuren“ von einer der vielen Migrationskatastrophen auf dem Mittelmeer beginnt, die zivilisatorischen Veränderungen im Zusammenhang mit der Gletscherschmelze des Subatlantik ins Zentrum stellt und mit dem Aufleuchten von Phytoplankton noch lange nicht endet.
Zusammengestellt wurde die Filmauswahl von Anne-Marie Melster (Künstlerische Leiterin und Gründerin ARTPORT) und Julia Moritz (freie Kuratorin und Vermittlerin) im Rahmen des Projekts WE ARE OCEAN, ein interdisziplinäres Kunstprojekt der Non-Profit-Organisation ARTPORT_making waves, das Künstler*innen, Student*innen, Wissenschaftler*innen, politische Entscheidungsträger*innen, Kunstsammler*innen, Lehrer*innen und Kurator*innen zusammen bringt, um die Sensibilisierung für und den Dialog über die Umweltbedingungen der Ozeane und den Einfluss des Menschen zu fördern.
FORENSIC OCEANOGRAPHY: „LIQUID TRACES“ (EXCERPT), 2014, 2:15 MIN.
Das Video Liquid Traces (dt.: Flüssige Spuren) bietet eine Synthese des „Left-to-Die-Boat“-Falls (dt.: dem Sterben überlassenen Boot): Im März 2011 verließen 72 Passagiere die libysche Küste in Richtung Italien an Bord eines kleinen Gummiboots, als die NATO in Libyen einmarschierte. Trotz mehrerer Notsignale, die ihren Aufenthaltsort weitergaben, sowie wiederholter Interaktionen mit mindestens einem Militärhubschrauber und einem Militärschiff driftete das Boot 14 Tage lang. Infolge der Untätigkeit aller beteiligten staatlichen Akteure überlebten nur 9 der 72 Passagiere. Die künstlerische Forschungsgruppe Forensic Oceanography (dt.: forensische Ozeanographie) kombinierte die Aussagen der Überlebenden mit Wind- und Meeresströmungsdaten sowie Satellitenbildern und rekonstruierte die “flüssigen Spuren” dieses Ereignisses. Das Resultat war ein Bericht, der als Grundlage für mehrere rechtliche Beschwerden diente.
Projektteam: Charles Heller, Lorenzo Pezzani, Richard Limeburner, Samaneh Moafi, Rossana Padeletti
Produziert im Rahmen des Projekts Forensic Architecture mit Unterstützung des Haus der Kulturen der Welt (HKW), Berlin.
Das Projekt Forensic Oceanography wurde von Charles Heller und Lorenzo Pezzani im Jahr 2011 gegründet. Es widmet sich dem militarisierten Grenzregime und der Migrationspolitik im Mittelmeer. Aus ihrer gemeinsamen Arbeit sind Menschenrechtsberichte, wissenschaftliche Artikel sowie Videos hervorgegangen, die international ausgestellt werden.
Charles Heller (*1981, Schweiz) ist ein Forscher und Filmemacher, dessen Arbeit hat einen langjährigen Schwerpunkt in der Migrationspolitik hat. 2015 promovierte er zum in Research Architecture am Goldsmiths College in London. Derzeit ist er Postdoktorand am Graduierteninstitut in Genf, wo er mit Unterstützung des Schweizerischen Nationalfonds forscht.
Lorenzo Pezzani (*1982, Italien) ist Architekt und Forscher. 2015 promovierte auch er in Research Architecture am Goldsmiths College in London, wo er derzeit Dozent ist und das Studio des Masterstudiengangs für Forensic Architecture leitet. Seine Arbeit befasst sich mit der Raumpolitik und den visuellen Kulturen der Migration, mit einem besonderen Schwerpunkt auf der Geographie des Ozeans.
URSULA BIEMANN: „SUBATLANTIC“, 2015, 11 MIN.
Mit einem Hauch von Science Fiction stellt Subatlantic die Wissenschaft der Geologie und Klimatologie der menschlichen Geschichte gegenüber. Das Video entfaltet sich über den Subatlantik, die jüngste Klimaphase des Holozäns, die vor etwa 2.500 Jahren begann und große zivilisatorische Veränderungen verzeichnete. Das Voice-Over spielt auf eine Wissenschaftlerin an, die instrumentelle Beobachtungen über eine sich verändernde Umgebung der letzten Gletscherschmelzen macht. Von einem zunehmend untergetauchten Ort der Meeresbeobachtung umfassen ihre Untersuchungsgegenstände ebenso die physische Welt und die Atmosphäre, die sie einnehmen, wie die Gedanken, die unter den sich verändernden Bedingungen geformt, rekonfiguriert oder freigesetzt werden. Subatlantic bezieht sich auch auf den untergetauchten Raum des Atlantischen Ozeans. Das Video spielt auf den Shetlandinseln, in der Disco Bay in Grönland und auf einer winzigen Karibikinsel und zeigt so weit voneinander entfernte Orte, die durch die Meeresströme verbunden sind.
Ursula Biemanns künstlerische Praxis umfasst eine Reihe von Medien, darunter experimentelle Videos, Interviews, Texte, Fotografien, Kartografien und Materialien, die zu stark formalisierten Rauminstallationen zusammenlaufen. Sie sind stark forschungsorientiert und beinhalten Feldforschung an abgelegenen Orten, wo Biemann den Klimawandel und die Ökologie von Öl, Eis und Wasser untersucht. Sie verarbeitet die Ergebnisse zu mehrschichtigen Videos, indem sie die Mikropolitik vor Ort mit einer theoretischen Makroebene verbindet und eine reflexive Erforschung sowohl der planetaren als auch der videografischen Organisation vorschlägt.
Ursula Biemann (*1955, Zürich) studierte an der School of Visual Arts in New York (1986) und absolvierte ein Aufbaustudium am Whitney Independent Study Program (ISP) in New York, wo sie die meisten Zeit in den 1980er Jahren lebte. 1990 kehrte sie in die Schweiz zurück. Bis 2014 war sie Senior Researcher an der Zürcher Hochschule der Künste und hält weiterhin weltweit Vorlesungen und Seminare. Biemann wurde von der schwedischen Universität Umea zum Doctor honoris causa in Humanities ernannt (2008). Sie hatte Einzelausstellungen im Neuen Berliner Kunstverein, im Bildmuseet Umeå in Schweden, im Nikolaj Contemporary Art Center in Kopenhagen, im Helmhaus Zürich, im Lentos Museum Linz sowie auf den Filmfestivals FID Marseille und TEK Rom. Gruppenausstellungen umfassen: Arnolfini Bristol; Tapies Foundation Barcelona; Kunstmuseum Bern; LACE, Los Angeles; KIASMA, Helsinki; San Francisco Art Institute; Jeu de Paume, Paris; Steirischer Herbst, Graz; Kunstverein Hamburg und viele andere. Darüber hinaus hat Biemann an den internationalen Kunstbiennalen in Sao Paulo, Gwangju, Shanghai, Taiwan, Schardscha, Liverpool, Bamako, Istanbul, Montreal, Venedig, Saloniki und Sevilla teilgenommen. Sie hat den Prix Meret Oppenheim (2009), den Swiss Grand Award für Kunst und den Prix Thun für Kunst und Ethik (2018) erhalten. Sie ist ausserdem Vorstandsmitglied der Fachzeitschrift Geo-Humanities.
SUSANNE M. WINTERLING: „GLISTENING TROUBLES“ (EXCERPT), 2017, 1:00 MIN.
Susanne M. Winterlings Installation Glistening Troubles beschäftigt sich mit biolumineszierenden, bei Berührung aufleuchtenden Dinoflagellaten als Indikatoren für den Gesundheitszustand von potenziell toxischen Küstengewässern. Die Arbeit resultierte aus Winterlings Residency an der TBA21 Alligator Head Foundation in Jamaika. In einem Videointerview in der Vollfassung des Werks gewährt ein Fischer aus Rock Einblick in die medizinischen Eigenschaften von Algen bei der Behandlung von Hautinfektionen, eine Praxis, die lokal seit Jahrhunderten bekannt ist. Das Projekt rückt die Haut – durch die wir die Welt um uns herum berühren – und leuchtende Displays – unsere Schnittpunkte mit der digitalen Realität – in metaphorische Nähe. Sie befasst sich mit der Verschränkung von Information in einander überlappenden analogen und virtuellen Welten ebenso wie mit der Solidarität zwischen den Arten und verweist dabei auf unsere lebhaften Verflechtungen mit anderen Körpern.
Susanne M. Winterling arbeitet medienübergreifend, um Ökonomien und Wissenschaft, digitale Kulturen und das soziale Leben von Materialien in der Umwelt zu erforschen. Winterlings Praxis reflektiert sowohl politische als auch ästhetische Verflechtungen und Machtstrukturen zwischen Mensch/Tier/Materie. Formen und Materialien erzählen von Arten und den Elementen in der Herausforderung des heutigen geopolitischen Kontexts. Winterling konzentriert sich auch weiterhin auf historische feministische Praktiken und das Alltägliche und beleuchtet verschiedene Arten des Wissens durch Verkörperung und Kosmologien. Vorherrschende modernistische Konzepte, Machtstrukturen und hierarchische Geschichtsschreibung werden in ihren Arbeiten in Form von Raumkonstellationen erfasst und untersucht. Ihre Praxis betont, was reine Information und Form auslässt – einschließlich einer sinnlichen Annäherung an Medien und Material, die durch das Verständnis von Immersion und Macht als Energieflüsse geprägt ist.
Zu Susanne M. Winterlings (*1970, Rehau/Deutschland) jüngsten Ausstellungen und Projekten gehören Myths of the Marble, HOK Oslo und ICA Philadelphia; List An Inventory of Shimmers, Contour Biennale 2017; Sitevisit, Kunstverein Freiburg; Lulea Bienniale; Complicity, Kunstverein Amsterdam; Tidalectics, TBA21 Vienna; Leben mit Pflanzen, Hygienemuseum Dresden.
Weitere internationale Stationen von WE ARE OCEAN:
01.-05.04.2020 TBA21-Academy Ocean Space, Chiesa di San Lorenzo, Venedig
11.-19.06.2020 Station Marine d’Endoume, Chemin de la Batterie des Lions, 1300 Marseille
Weitere Informationen: www.artport-project.org/we-are-ocean
©Foto: SUSANNE M. WINTERLING, EXCERPT FROM GLISTENING TROUBLES (STILL), 2017
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